»Ich bin der Prügelknabe« (2024)

Schon beim ersten Klingeln greift die Hand zum Hörer, der Hintern rutscht mit einem Ruck auf die Vorderkante des Stuhls. »Grüß Gott, Theo Waigel am Apparat.«

»Jawohl.« »Na klar.« »Sie haben völlig recht.« Brav bekritzelt der Finanzminister und CSU-Chef den vor ihm liegenden Notizblock. »Ich kann Ihren Zorn wirklich verstehen«, spricht er sanft in die Muschel.

Die Stirn liegt in Falten. Nur die weit nach oben gezogenen Augenbrauen, groß und buschig, als seien sie aufgeklebt, lassen hinter der Sorgenmiene den Spötter erkennen.

Natürlich müsse jetzt gespart werden, sagt Waigel. »Eisern!« »Konsequent!« »Knallhart!« Selbstverständlich wolle er die Umzieherei der Regierung von Bonn nach Berlin so billig wie möglich machen. Logisch, daß er mit gutem Beispiel vorangehe. »Mein Büro in Bonn sollten Sie sehen«, kräht er aufgekratzt, »es ist das bescheidenste von allen.«

Für eine Stunde, von elf bis zwölf, hat sich der Minister an diesem Freitag vormittag eine fröhliche Demut verordnet. Aus Bonn ist er in die bayerische Landeshauptstadt geeilt, um sich am Telefon von den Lesern der Münchner Abendzeitung beschimpfen zu lassen. Auf der morgigen Frontseite wird das Boulevardblatt stolz berichten: »Waigel stand Rede und Antwort.«

In Wahrheit hat der Bonner Politiker vor allem zugehört. Denn Waigel glaubt zu wissen, was die Bürger wirklich wollen: »Mal so richtig Dampf ablassen.«

Wann immer das Ventil klemmt, hilft der nette Theo tatkräftig nach, damit der Druck auch entweichen kann. »Sie brauchen mich doch nicht Doktor nennen«, ermuntert er eine Anruferin. Mit seinem »Gut, daß Sie mir das so deutlich sagen« enthemmt er zurückhaltende Gemüter.

Die ihm wichtige Botschaft spricht Waigel eher beiläufig ins Telefon. Ohne ihn und seine CSU, das, bitt'' schön, sei bei allem Unmut zu bedenken, wäre das Durcheinander da oben in Bonn noch viel, viel größer. »Sie dürfen doch nicht die bestrafen«, mahnt er, »die sich ehrlich mühen.«

Ein letzter »Gruß an die Freunde vom Stammtisch« und Waigel legt mit dem Hörer auch die Sorgenmiene ab. War er nicht locker? So richtig volkstümlich?

Nur das Versprechen, er marschiere jetzt in den »Franziskaner«, der Weißwurst entgegen, war ein bißchen leichtsinnig. Längst drängt der nächste Termin. Aber eigentlich kann der auch warten. Waigel will jetzt gelassen sein. »Auf geht''s. Wir laufen zu Fuß.«

In Bonn gelingt Theo Waigel diese Gelassenheit seit Wochen nicht mehr, nicht mal als Inszenierung. Irgendwo zwischen Schuldenkrise und Koalitionskrach ist sie ihm abhanden gekommen.

Für einen wie Waigel ist das mehr als ärgerlich. »Christliche Gelassenheit« verkauft er als seine liebste Tugend, bietet sie in nachdenklichen Gesprächen feiner verpackt als »befreundet sein mit sich selbst« feil. Nun erleben ihn die Parteifreunde grimmig wie nie zuvor. Empfindsam sei er geworden, sagen seine Mitarbeiter im Ministerium.

Es schmerzt ihn, daß Wirtschaftsbosse und Sozialdemokraten ausgerechnet ihm, dem soliden Konservativen, das Etikett »größter Schuldenmacher der deutschen Geschichte« anklebten. Und kein Statistiker kann ihm diesen Minusrekord wegrechnen.

Seine Furcht, der Makel werde womöglich bis hinein in die Geschichtsbücher an ihm haften, ist deutlich spürbar. So wie die Absicht, sich eben diese Angst nicht anmerken zu lassen.

Stur, fast trotzig, hält er dagegen, wo immer ein Mikrofon ihm die Gelegenheit dazu bietet. Die Prognosen der anderen tut er dann als »Horrorzahlen« ab, nennt sie »schlicht unredlich«. Die ihm anvertrauten Staatsfinanzen, behauptet er, seien »im Lot«, auf jeden Fall »unter Kontrolle«.

Seine Stimme, die, wenn er leise spricht, väterlich sanft klingt und bei jedem Auflachen an das Meckern einer Ziege erinnert, ist dann von einer Strenge, die frösteln läßt. Der Ton grollend, die Sätze kurz, die Worte herausgepreßt - als wolle er den Problemen befehlen, endlich von ihm abzulassen.

Selbst das höfliche »Entschuldigen Sie bitte«, das Waigel seinen Worten gern vorrausschickt, klingt dann bedrohlich: »Entschuldigen Sie bitte, ich bin doch nicht irgendeiner Partei verpflichtet.«

»T''schuldigung, ich habe mich nie festgelegt, was die Einheit kostet.«

»Unser Haushalt, entschuldigen Sie mal, sieht besser aus als geplant.«

Wer anderes behauptet, wie kürzlich Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann, bekommt ein »unverschämt« hinterhergerufen. Für seine Kritiker, auch die in den eigenen Reihen, hat der Zornige nur noch das Wort »Schwätzer« parat.

In Washington, beim Frühjahrstreff der sieben reichsten Staaten, war Waigel schon beim Frühstück wütend. Von den chronisch verschuldeten Amerikanern lasse er sich nicht auf die Anklagebank setzen. Er nicht, nicht von denen.

Vor allem der US-Finanzstaatssekretär David Mulford hat ihn mit seiner Nörgelei am deutschen Defizit erzürnt. Ratzfatz degradiert er den Kritiker, in der amerikanischen Nomenklatur ein Undersecretary, zum deutschen »Unterstaatssekretär«. Nur um ihn dann endgültig abzufertigen: »Dieser Mann ist damit ohnehin nicht meine Ebene.«

Das Ommelett mit Schinken bleibt unberührt, der Kaffee auch. Einmal in Rage, stillt Waigel in solchen Momenten seine Gier nach Gehässigkeit.

In Sekundenschnelle kann der CSU-Chef, von den Funktionären in München oft als »Mr. Freundlich« verspottet, zum Herrn Garstig werden.

Waigels Wut ist echt. Bei einem Berufspolitiker seines Schlages, geübt darin, _(* In seinem Bonner Büro. ) Zorn zu dosieren, mutet das fast ein wenig altmodisch an. Auch im kleinen Kreis kann er die Vokabeln »Kassensturz« oder »Schattenhaushalt« nicht mehr ertragen. Sie scheinen ihn regelrecht anzuekeln.

Fällt eines der Reizworte, wirkt Waigel, als habe man ihm die Luft zum Atmen weggeschnürt. Sein Hals sucht sich aus der Enge des Hemdkragens zu befreien. Die Haut strafft sich, der Adamsapfel springt nach oben, bevor der Gepeinigte seinen ganzen Unmut - zum wievielten Mal schon? wie oft noch? - aus sich herausspeit: »Dieses ganze Gerede, Entschuldigung, ist doch ein riesengroßer Quatsch.«

Den CSU-Haudegen in Bayern und Bonn ist''s recht so. Sie glauben noch heute, das Wort Politik stamme von Poltern und Selbstzweifel sei die Steigerung von Schwäche. Wenn der Parteioberste als Theo gegen den Rest der Welt auftritt, erfüllt er ihre Erwartungen auf das vortrefflichste.

Dann können die Münchner CSU-Größen das eigene Männlichkeitsideal in ihren Theo hineinloben. »Zäh, unnachgiebig und gradlinig« sei er, rühmt Bayerns Premier Max Streibl. CSU-Generalsekretär Erwin Huber beeindrucken »dieser Weitblick und diese Härte« seines Chefs. »Was unser Vorsitzender anpackt«, dröhnt das Parteiblatt Löwe und Raute, »packt er richtig an.«

Als Schüler schon schloß er sich der Jungen Union an und begann wenig später seine Kraxelei durch die Instanzen der Partei. Nach sechs Jahren als Abgeordneter im Kreistag von Krumbach kam der promovierte Jurist 1972 im Bonner Bundestag an, kaum 34 Jahre alt.

Aus dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft rackerte er sich hoch, erst in den Haushaltsausschuß, dann in den Wirtschaftsausschuß. Sein ökonomisches Wissen hat er sich wie die meisten, die im Parlament als Experten gelten, fleißig zusammengelesen. Nach zehn Jahren Bonn darf er die Führung der CSU-Landesgruppe übernehmen.

Wie ein braver Kaufmann tritt er seither vor die Delegierten der CSU-Parteitage. Position für Position rechnet er ihnen die Millionen vor, die er in Bonn hat loseisen können. Zusätzliches Geld für bayerische Straßen und bayerische Bauern addieren sich unter dem Geklatsche der Gefolgsleute zu dem, was Waigel unter Effizienz versteht.

Außerhalb Bayerns gilt das als schnöder Lobbyismus. Die Bosse der Wirtschaft, auch die Männer der Bundesbank reden nicht gut über Theo Waigel. Diskret, wie es sich für die vornehmen Herren gehört, schimpfen sie ihn einen Sprüchemacher oder, schlimmer noch, einen typischen Berufspolitiker.

Sie verübeln dem Finanzminister, daß er nach der deutschen Vereinigung zwei Jahre lang fröhlich Schulden machte. Daß er, anders als Amtsvorgänger Gerhard Stoltenberg, erst von den Ökonomen zur Sparsamkeit gedrängt werden mußte.

Ein »Fiskalist« wolle er nicht sein, erklärte Waigel bei seinem Amtsantritt im Ministerium vor drei Jahren. Aber genau so einen hätten sich die Ökonomen jetzt gewünscht. Waigels Plädoyer für eine Politik »jenseits von Angebot und Nachfrage« ist ihnen suspekt.

Der feine Banker, der Waigel in vielen Sitzungen der Bundesbank beobachtet hat, nennt ihn einen »Mann ohne Eigenschaften«. Nach so vielen markigen Ministerworten vermißt er die Taten. Er glaubt, daß Waigel bis heute die Kosten der Einheit unterschätzt: »Der hat die Größenordnung nicht kapiert.«

Der Mann aus dem Treuhand-Vorstand kann »weder Fisch noch Fleisch« an dem CSUler entdecken. Waigels Desinteresse an der Jahrhundertaufgabe der Privatisierung habe ihn gründlich irritiert. Nur einmal ließ sich der Oberaufseher der Anstalt in Berlin blicken - und auch da nur zum Fototermin.

Nein, dieser Sohn eines Maurerpoliers aus dem bayerischen Dörfchen Oberrohr, der immer auch Provinzialität ausdünstet, gehört erkennbar nicht zur Welt der kühlen Rechner.

Mit dieser Distanz läßt sich auf Parteiversammlungen sogar kokettieren: »Ich fühle mich in der Leberkäs-Etage am wohlsten«, rief Waigel beim Fürther Europatag der CSU in den Saal. Der Applaus war ihm sicher.

Aber natürlich will er auf der Kaviaretage wohlgelitten sein. Warum sonst redet er dauernd vor Textilfabrikanten, Baulöwen und Börsenmaklern. Virtuos springt der Politiker zuweilen zwischen den Stockwerken hin und her - und gelegentlich gerät er dabei ins Straucheln.

Eben noch hat der Finanzminister stolz von seinen Gesprächen mit den Amtskollegen aus Amerika, Japan und Großbritannien berichtet. Auf englisch wird sich da unterhalten, wie sonst, was glauben Sie denn. Theo Waigel ist schließlich ein Mann von Welt.

Aber er will mehr sein. Plötzlich fällt es ihm ein, daß er, genauso selbstverständlich, auf den internationalen Konferenzen auch schon deutsch geredet hat; »so zwischendurch«, sagt er, »um unsere Muttersprache zur Geltung zu bringen«. Theo, der Provinzler.

Mag sein, daß er als Chef einer Volkspartei keine andere Wahl hat, als nach jeder nur greifbaren Klientel zu haschen. Waigels Spezialität war das bisher nicht. Auffällig gern redet er noch heute über Integrität und meint oft nur noch sein Image.

Auf dem Weg zum Verpackungspolitiker ist er, den seine Büroleiterin als erdverbunden beschreibt, ein schönes Stück vorangekommen. Die ländliche Herkunft dient längst der Verkaufe, so wie die paar Semester Philosophie, die er in München absolviert hat. Waigel kann heute vieles sein: bäuerlich oder intellektuell, polterig oder nachdenklich, spießig rechts oder liberal.

Nur an seiner Bescheidenheit läßt er offenbar keine Abstriche zu. Kaum zu glauben, daß im Ministerbüro überhaupt je ein Amtswechsel stattfand. Neu sind die im Regal abgestellten Fotos der Waigel-Kinder Birgit und Christian. Das schlichte Holzkreuz über dem Heizungsthermostat hing unter Gerhard Stoltenberg auch noch nicht hier.

Den klobigen Holzschreibtisch, Ende der sechziger Jahre angeschafft, ließ Waigel unverrückt. Der unterm Besuchertisch ausgelegte Perserteppich ist zerschlissen. Karger als in diesem Mobilar kann man in Deutschland nicht regieren.

In der heimeligen Tristesse wirkt der Amtsinhaber nicht glücklich. Wie ein Unbeteiligter hockt er da, gerade so, als sei er zu Gast bei sich selbst. Ungläubig beguckt er den auf seinem Schreibtisch abgestellten Deutschland-Wimpel. Als habe er ihn eben zum erstenmal wahrgenommen. »Irgendein Geschenk«, murmelt er und zuckt mit den Achseln.

Über Gefühle spricht der Jurist nur ungern, am liebsten versteckt er sie hinter Zitaten. Zu denen, deren Gefühlswelt er regelmäßig beleiht, gehört der Spanier Jose Ortega y Gasset. Mit dessen Feststellung »Leben ist grausame Einsamkeit« hat er schon so manchen, der ihn zu kennen glaubte, verblüfft.

Nicht einmal die Nachfrage: »Sind Sie einsam, Herr Waigel?« weist er zurück. Vor knapp 300 Parteigängern, von der Hanns-Seidel-Stiftung zum 25jährigen Jubiläum ins Münchner Maximilianeum geladen, antwortet der Gefragte knapp mit »Ja«. Im Saal herrscht erschrockene Stille.

Auch wenn das Private unter der Last des doppelten Amtes leidet; auch wenn er drei Jahre lang kein Theater, keine Oper von innen sah - die Lust an der Macht ist allemal stärker.

So abrupt, wie er den Einblick in sein Innenleben gewährt, so zügig kann er ihn beenden. »Entschuldigen Sie mal«, grollt er dann, »ohne Machtinstinkt wäre ich doch ein trauriger Geselle.«

Waigel weiß, das er jetzt mächtig strampeln muß. Der Kanzler hat den Ruhm der Einheit auf sein Konto gebucht. Für ihn bleibt die undankbare Aufgabe des Abwicklers: »Ich bin jetzt für alle der Prügelknabe.«

Vom Kanzler fühlt er sich im Stich gelassen. Einfach entflogen ist Helmut Kohl, ab nach Amerika, ausgerechnet an jenem Tag, als der CSU-Minister sein Finanzkonzept der Unionsfraktion vorlegte. Waigel stand allein da.

Über Erfolg spricht er nur noch selten. Wenn doch, dann im Konjunktiv: »Ich wäre der erfolgreichste Finanzminister seit Franz Josef Strauß«, sagt er, »wäre da nicht die deutsche Einheit gewesen.« Das klingt, so wie er es sagt, nicht sentimental, nur verärgert.

Ein prima Nebenjob hätte das Amt des Finanzministers für ihn werden können. Als Waigel im April 1989 in der Graurheindorferstraße 108 das Ministerzimmer bezog, war die Kassenlage in Ordnung, der Kreditbedarf klein und die Steuer niedrig.

Endlich saß Waigel auf dem richtigen Stuhl, um die Geldströme persönlich schleusen zu können. Endlich konnte der CSU-Vorsitzende protokollarisch gleichziehen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Streibl.

Mögen dem Privatmann Waigel die Symbole der Macht, die Bodyguards und die Polizeieskorte auch schnuppe sein. Für das Münchner Mir-san-mir-Gefühl sind sie so wichtig wie die Macht selbst.

Der Konkurs der DDR hat ihm alles versaut. Auf einmal sind die Schulden groß und die Steuern hoch, und der Finanzminister muß sich überall im Land unbeliebt machen. Immer offensichtlicher gerät Theo Waigel dabei in Konflikt mit sich selbst.

In Bonn verlangt der Kassenwart Waigel das Sparen »ohne jedes Tabu«. Aber ungerührt verteidigt Waigel, der CSU-Obere, tagsdrauf im bayerischen Erding das teure Lieblingsprojekt der heimischen Rüstungsindustrie, den Jäger 90.

Der Finanzminister ist froh, daß Bahnchef Heinz Dürr das Staatsunternehmen endlich rentabel machen will. Der CSU-Vordermann, im Wahlkreis Neu-Ulm zu Hause, hat anderes im Sinn. Seit Monaten drängt er darauf, den Ausbau der Strecke Stuttgart-Ulm-Augsburg zügig zu beginnen - auch wenn die Rechnungen zur Wirtschaftlichkeit noch nicht vorliegen.

Eine Verzögerung der Bauarbeiten, schreibt Waigel an Dürr, »ist nicht mehr länger hinnehmbar«. Der Bahnchef ist verwirrt: »Gerade Ihr Ministerium«, erwidert er dem Drängler, »legt auf derartige Rechnungen großen Wert.«

Was denn nun, Herr Waigel? Daß der Konflikt zwischen CSU-Chef und Minister womöglich für beide im Mißerfolg endet, mag er so nicht sehen. Kunstvoll hat er sich den Weg zur Erkenntnis versperrt. Der Münchner Philosoph Robert Spaemann, ein Gesprächspartner von Waigel seit Jahren schon, war ihm dabei behilflich.

Politik machen, schreibt Spaemann in seinem Buch »Moralische Grundbegriffe«, »bedeutet unter gegebenen Bedingungen, die wir uns nicht ausgesucht haben, etwas Sinnvolles tun«. Der erfolgreiche Politiker, zitiert Waigel den Philosophen gern, tut nicht nur Sinnvolles, sondern »verwirklicht unter diesen gegebenen Bedingungen das Bestmögliche«.

Diese Anleitung für den Pragmatiker hat Waigel in das Arsenal seiner Überzeugungen eingebaut. Das Ergebnis ist ein Finanzminister, der sich für die Finanzmisere nicht verantwortlich fühlt.

Alle Widrigkeiten definiert Waigel zu Bedingungen, die das Leben ihm diktierte. Die hohe Staatsschuld hat ihm die Einheit eingebrockt. Am zögernden Sparkurs der Regierung ist die Begehrlichkeit der Wähler schuld. Die Doppelrolle als Parteichef und Minister hält er für ganz normal: »Wir in Bonn stecken doch alle in zwei Paar Stiefeln.«

Übrigbleibt ein Politiker Waigel der auf engem Terrain das Bestmögliche leistet, für den Staat, die Partei und sich selbst. »Bis jetzt jedenfalls«, sagt er gereizt, »hat mir das alles nicht geschadet.«

Zur Sicherheit fragt er aber lieber noch mal nach: »Oder doch?«

* In seinem Bonner Büro.

»Ich bin der Prügelknabe« (2024)
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